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Gregorios III Laham

Patriarch von Antiochien, Melkitische Griechisch-Katholische Kirche, Syrien
 biografie

Meine Rede gründet in erster Linie im Leben in einer arabischen Gesellschaft, wie sie im Libanon, in Syrien und Palästina gemischt von Muslimen und Christen gebildet wird. Wir arabischen Christen stehen in unseren arabischen Ländern in einer sehr tiefen Beziehung zu den muslimischen Arabern: Wir sind von ihrem Fleisch und Blut, von ihrem Stamm und Teil ihrer Gesellschaft, ihrer Zivilisation, ihrer Kultur und ihren Traditionen. Wir begründen eine Kirche, die täglich, – inzwischen seit vierzehn Jahrhunderten und zweiunddreißig Jahren  -, Seite an Seite mit dem Islam gelebt hat, die zutiefst vom Islam beeinflusst ist, ihn auch ihrerseits beeinflussend. Daher ist dieses in erster Linie ein Dialog des Lebens über das Leben, wie es Tag für Tag geführt wird, ein Gespräch über jeden möglichen Umstand.

Wir haben dieses im Unterricht in den Unterstufen unserer Seminarklassen ebenso gelernt wie im großen Seminar unseres Klosters des Heiligen Erlösers (bei Saida in Libanon), welches in diesem Jahr sein dreihundertjähriges Bestehen feiert. Dann lernten wir dieses Gespräch über das Leben während der Periode der parlamentarischen Wahlen. Die verschiedenen Gruppen kamen in unser Seminar des Heiligen Erlösers: wir hießen sie willkommen. Wir leb-ten auch diesen Dialog des Lebens während der großen nationalen religiösen Festivals für Muslime und Christen als gemeinsame Feste für alle. Wir tauschten unsere Gratulationen aus. 

Wir lebten diesen Lebensdialog in den Umständen des Krieges, von Krisen und sektiereri-schen Unruhen, in Zeiten des Hungers und großer Katastrophe wie etwa während des Ersten Weltkriegs, als das Kloster des Heiligen Erlösers täglich allen armen Menschen zu essen gab, die zu ihm kamen. Am Ende sagte der Verwalter des Hauses zum obersten Vorgesetzen des Ordens: “Wir haben keine Nahrung nicht einmal für uns selbst mehr. Sollen wir etwas zu-rückbehalten, damit wir weiter etwas zu essen haben werden?” Der Oberste Ordensgeneral sagte: “Nein. Fahre fort, all den Armen hier weiter zu geben. Wir werden entweder zusam-men essen oder zusammen fasten.”

An dem Tag, an dem die Vorräte ausgingen, kamen Maultiere aus dem Süden, aus dem Hau-se von Zain, einer großen schiitischen Familie (wir nennen sie Metwalli), die Getreide in das Kloster des Heiligen Erlösers brachten. So waren wir vom Heiligen Erlöser in der Lage fortzu-fahren, die Armen zu ernähren. Gut dreißig Jahre später, als die Familie Zain in schwere fi-nanzielle Notlagen geriet, intervenierte das Kloster des Heiligen Erlösers umgehend, um ihre finanzielle Situation zu retten. Im Jahr neunzehnhundertsechsundfünfzig ereignete sich ähn-lich ein großes Erdbeben über den gesamten Libanon. Um die zweihundert Dörfer wurden zerstört. Wir Seminaristen gingen hinaus in alle diese christlichen und muslimischen Dörfer, um zu helfen, die Häuser wieder aufzubauen.

Später erlernten wir dieses vitale Gespräch aus dem Leben in unseren Studien, gleicherma-ßen im Libanon, wo wir den Islam studierten, wie später in Rom, wo wir unsere Fachstudien fortsetzten.

Wir erlernten diesen Lebensdialog in unserer Arbeit, in den Berufen. Unsere Belegschaft be-steht sowohl aus Christen und Sunniten, als auch Schiiten und Drusen.

Wir haben dieses ebenso in gemischten Schulen und Universitäten verwirklicht, wo Christen und Muslime studieren, wie in unseren Institutionen der Wohlfahrt, der Caritas und Sozial-arbeit. Im Jahr neunzehnhundertsechsundsechzig gründete ich ein soziales Zentrum im Süd-libanon, eine Schule für das Handwerk und ein Waisenhaus, in dem alle willkommen sind. Sie sind alle Zentren der Begegnung und des Lebensdialogs. Im Heiligen Land habe ich vier Klini-ken gegründet, die für etwa neunzigtausend meist muslimische Menschen eine medizinische Versorgung angeboten haben. 

Darüber hinaus haben wir dieses – und das ist sehr bedeutsam – durch gegenseitiges Ver-trauen, Nächstenliebe, gemeinsames Dienen und Einander - Geben erprobt. Das ist der Grund, warum ich das Wort ‘Toleranz’ nicht verwende, wenn ich vom muslimisch-christlichen Dialog spreche. Der Begriff ‘Toleranz’ kann die Bedeutung des wirklichen Dialogs nicht wiedergeben. Ich ziehe es vor, die Begriffe Anerkennung, Vertrauen, Liebe, Respekt und Solidarität zu verwenden. 

Nun ist über die gegenwärtige Situation zu sprechen: Was wirklich im Ost-West-Dialog fehlt, ist Vertrauen. Die Menschen haben kein Vertrauen zur arabischen Welt und die arabische Welt vertraut der europäischen Gesellschaft nicht. Das ist der Grund, warum wir immer wie-der in die Falle gegenseitiger Anklagen treten: jene der Kreuzzüge - von Muslimen gegenüber den Christen geäußert - und jene des Terrorismus und islamischen Fundamentalismus - von Christen gegenüber den Muslimen. Das ist der Grund, warum wir diese Dialektik überwinden müssen, jene von aggressiven Kriegen von Muslimen gegen Christen, zum Beispiel: den Muslimen in Poitiers, den Umayyaden in Spanien, den Schlachten von Lepanto und Wien, den Türken vor den Toren der Stadt von Wien; ebenso sind Vorstellungen der westlichen Kreuzzüge und Kolonialisation zu überwinden, etwa jene Frankreichs in Algerien oder das Mandat über Palästina, Syrien, Jordanien und den Libanon. Wir müssen diese Dialektik des Krieges durch die Jahrhunderte hindurch überschreiten und uns damit beschäftigen, wirklich den kulturellen Dialog aufzunehmen. 

Dieses ist in der Tat bedeutsam, um den muslimisch-christlichen Dialog zu verstärken, mit aller Anstrengung, Kraft und Entschiedenheit daran zu arbeiten, den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu lösen, der inzwischen schon dreiundsechzig Jahre andauert. Das ist der Grund, warum weiterhin keinerlei Vertrauen herrscht zwischen der muslimisch arabischen Welt und einem Europa, das nicht tut, was notwendig ist, um diesen Konflikt zu lösen. Eine Gelegenheit wird nun allerdings Europa angeboten: den Staat Palästina an der Seite Israels anzuerkennen. Als zwei Staaten können sie alle Probleme späterhin gemeinsam lösen.

Nun darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige Texte lenken, die ich zu diesem Thema in den letzten Jahren verfasst habe und Ihnen vorstellen:

1. Auszug aus einer Rede zur Eröffnung des Liqaa-Zentrums der Begegnung , 

Libanon, im Mai 2011

Der Dialog war immer ein Gegenstand eines ganz besonderen Anliegens für mich. Ich war einer der ersten Gründer des Al-Liqa-Zentrums in Jerusalem neunzehnhundertdreiundachzig, zusammen mit dessen langjährigen und aktuellen Direktor, Dr. Geries Khoury, einer unserer Getreuen aus dem Oberen Galiläa. Wir gründeten es zusammen mit einer ausgewählten Gruppe von christlichen und muslimischen Denkern und Universitätslehrern. Bis zu meiner Wahl zum Patriarchen im Jahr 2000 war ich der Vorsitzende der Verwaltungskommission. Das Palästinensische Al-Liqa –Zentrum stellt bis zum heutigen Tag das herausragende Dialogzentrum Palästinas dar.

Ein Aspekt dieses Dialogs, das kürzlich eingeweihte Liqaa-Zentrum, ist die Begegnung zwi-schen Gott und dem Menschen, durch Glauben, die Religion und Vertrauen. Dieses wunder-bare neue Zentrum ist der großherzigen Freigebigkeit eines Muslims mit einem offenen Geist zu verdanken, Sultan Qaboos bin Said al Said von Oman.

Dieses Zentrum ist ein Ort des Zusammentreffens von Menschen des christlichen, muslimi-schen und jüdischen Glaubens, darüber hinaus Raum für Begegnung zwischen allen Formen von Überzeugungen, auch jener außerhalb von Kirche, Synagoge oder Moschee. Es ist eine Begegnung im weiten Heiligtum oder Tempel dieser Welt, ein gegenseitiges Einander-Treffen von Menschen in einer Welt, die gleichzeitig Gottes und des Menschen Welt ist; we-der durch eine Zeit oder einen Ort begrenzt noch auf ein Ost-West-Thema festgelegt oder auf die Zivilisation oder Kultur unserer orientalisch-arabischen Welt beschränkt, weder auf die kulturelle und intellektuelle Atmosphäre des Mittelmeer-Beckens festgelegt noch auf jene von Europa und dem Westen. In der Tat war und bleibt unser Mittlerer Osten bis heute die Straße zum Fernen Osten. Die Welt ist der Raum für unser Liqaa Zentrum, das ein offenes akademisches Zentrum und ein globales Forum darstellt. Es ist ein intellektuelles und akademisches Zentrum der Melkitischen Griechisch-Katholischen Kirche in arabischen Ländern, in den Auswanderungsländern und in der ganzen Welt, als eine Plattform für jeden eingerichtet.

Gott, sein Name möge gepriesen sein, hat das erste Liqaa-Zentrum gegründet, indem er den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschuf, und er, - durch seine Menschwerdung -, die Welt, sein Volk, ja die Menschheit aufrief, ihm und seiner Liebe zu begegnen. Er rief sie auf zu lieben und machte diese Liebe zur Bedingung dafür, ihm zu folgen, sowie zur Grundla-ge für seine Gebote und die heiligen Lehren seines Evangeliums. In der Tat sagte er: “Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.”   Und der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Epheser: “Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder. Er hob das Gesetz samt seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in seiner Person zu dem einen neuen Menschen zu machen, so stiftete er Frieden.” 


2. Aus einer Rede gehalten auf dem Ersten Muslimisch-Christlichen Kongress in Damaskus, Dezember 2010


Wir Muslime und Christen sind aufgerufen, in wissenschaftlich und prophetischer Form vo-ranzugehen, dies in aller Aufrichtigkeit, Freundschaft und gegenseitigem Respekt zu leisten: denn weiterhin ununterbrochen wachsende Fundamentalismen und extremistische Bewe-gungen werden eingesetzt und sind fähig, die arabische Welt des Ostens in Katastrophen zu führen, deren Opfer hauptsächlich junge Christen und Muslime sein werden. Sie stellen 60 Prozent der arabischen Bevölkerung dar.


Dieses unterstreicht die in Zukunft lebensnotwendige und zentrale Bedeutung, uns selbst füreinander zu öffnen, die Christen den Muslimen gegenüber und Muslime den Christen ge-genüber. Diese Offenheit wird die Dynamik der Entwicklung unserer arabischen Welt im Blick auf folgende Konzepte leiten:


- die Konzeption des Verhältnisses von Staat und Religion sowie deren Zusammenwir-ken

- die Konzeption der Moderne

- die Rechte von Mann und Frau

- die Kultfreiheit und Freiheit Gewissen

- die Idee einer ‘besseren Religion’


Wir als Christen und Muslime müssen gemeinsame Positionen über die Gefahr des Anwach-sens unterschiedlicher Konzepte fundamentalistischer Haltungen erreichen, ob sie nun christlicher, muslimischer (oder jüdischer) Herkunft sind. Uns ist es aufgetragen, berechtigte religiöse, spirituelle und menschliche Werte zu schützen und in besonderer Weise die Ach-tung der Werte der Menschenwürde und Freiheit zu sichern.


Dieses ist es, was eine bessere Zukunft für unsere Gesellschaften und alle unsere arabischen Länder zusammen sichern wird. Ich wage zu sagen, dass die Entwicklung unserer arabischen, christlichen und muslimischen Gesellschaft den Erfolg all jener Anstrengungen bedingen wird, die die Kirchen in den pastoralen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Feldern un-ternehmen. Sie tun dieses für junge Menschen und um ihrer Auswanderung aufzuhalten. Diese Evolution, verbunden mit der Entfaltung der oben erwähnten Werte, stellt eine ge-meinsame Verantwortung für Christen und Muslime dar.


Die Verwirklichung unserer Ziele wird im Verhältnis zu unseren Anstrengungen stehen und will gemeinsam getragen werden, um die genannten Werte zu übernehmen und sie in die Praxis umzusetzen.


Von all dem hängen unsere Zukunft, unsere Existenz und Präsenz ab, unsere Gemeinschaft sowie unser Zeugnis und die Zukunft unserer arabischen Gesellschaft.


Ich wage ebenfalls – aus meinem Inneren heraus - zu sagen, dass der Erfolg all unserer seel-sorglichen, apostolischen, katechetischen, akademischen, pädagogischen, klerikalen und klösterlichen Aktivitäten von der Entfaltung des Weges von christlich-muslimischen Gefähr-ten auf ihrer Reise und gemeinsamen Fahrt abhängen wird. 


Mit anderen Worten, die religiöse Entwicklung unserer Gesellschaft hängt von der religiösen Entfaltung unserer christlichen Gesellschaft ab, die wiederum von der religiösen Entfaltung der muslimischen Gesellschaft abhängig ist. Entsprechend hängt die Bewahrung unserer christlichen Werte weithin von der Entfaltung der muslimischen Gesellschaft ab. 


Dieses alles wurde schlaglichtartig im Verlauf der Synode (für den Mittleren Osten) heraus-gestellt, dessen Empfehlungen in unseren Kirchen Anwendung finden müssen, dies in Ko-operation mit unseren muslimischen Mit-Bürgern. Da Menschen durch ihre soziale Umwelt geprägt werden, wurden verschiedene Mit-Gestalter dieser Umwelt eingeladen, an dieser Synode teilzunehmen, einschließlich muslimischer Partner und einem Rabbi.


Schließlich sollte nicht die Existenz eines wichtigen Hindernisses vergessen werden, das auf dem Weg dieser Reise und Fahrt einer gemeinsamen Evolution liegt: der israelisch-palästinensische Konflikt. Es muss Friede geschaffen werden in der arabischen Region: der Friede wird einen großen Einfluss auf die Entfaltung der oben genannten Werte haben und die arabisch-christlichen Auswanderung Einhalt gebieten.


3. Aus einer Rede gehalten zu ‘A Common Word’ und die Zukunft des Muslimisch-Christlichen Engagements, in Cambridge, Oktober 2008

Lasst uns den Dialog über unsere beiden wunderbaren Glauben pflegen, denn das Wort, das von Gott mir gegeben ist, in meinem christlichen Glauben wahrhaft meines, doch nicht nur für mich; es ist für meine Gesellschaft, für meine Mitbürger und ich muss es ihnen bringen als ein Licht der Liebe und einen Ruf zu lieben, als ein Zeichen der Hoffnung für andere, dass sie wachsen mögen in ihrer Religion und in ihrem Glauben.

Es ist von einer sehr hohen Bedeutung für die Menschen, dass sie ihre Religion lieben und das Wort Gottes für die Menschheit in immer größerer Tiefe kennen lernen, um es zu be-wahren und zu vertreten. Jedoch sollten sie auch offen sein für die Überzeugungen anderer Menschen und ihren Glauben.

Es gibt kein Monopol auf das Wort Gottes. Es ist in gleicher Weise das einer anderen Person als es mein eigenes ist. Wir bitten unsere muslimischen Mitbürger, unsere Freiheit anzuer-kennen, die gute Botschaft anderen zu bringen, mit Liebe und in Respekt für ihren eigenen Glauben, jedoch verpflichten wir niemand anderen, unseren Glauben anzunehmen. Es ge-nügt, wenn Menschen die Möglichkeit haben, ihn zu erkunden und dazu kommen, ihn zu achten und zu lieben.

Lasst uns das Wort Gottes lieben, denn das Wort Gottes ist für uns alle. Lasst uns diese Worte teilen, indem wir sie singend verkünden und lieben. Lasst uns so handeln, dass unsere menschlichen Worte in göttliche Worte gewandelt werden.

3. Aus Gesprächen über “Kirche der Araber” in Amman, Jordanien (Mai 2005) und im Sultanat Oman (2006)

Ein neuer Weg für Gespräche

Gegenwärtig ist eine tiefe Begegnung im Denken zwischen der Christenheit und dem Islam gefordert, eine gegenseitige Erkundung, ein gegenseitiges Verstehen des Wortschatzes des Evangeliums und des Koran, der Christlichen und der Muslimischen Spiritualität und Sprache. Wir benötigen eine wirkliche Grammatik, um grundlegende Ausdrucksweisen zu verstehen, um den Umgang und Weg des Denkens in der Theologie und Logik im Islam und im Christen-tum nachzuvollziehen. All diese Kenntnisse stellen grundlegende Elemente für einen neuen Dialog zwischen Muslimen und Christen sowie für eine gegenseitige Anerkennung dar.

Ko-operation zwischen Ost und West

Im Blick auf diese Materie müssen wir Bindeglieder der gegenseitigen Hilfe mit unseren christlichen Brüdern im Westen herstellen, um darin zu kooperieren, in engerer Form ihre und unsere den Islam betreffenden Gesichtspunkte gemeinsam darzustellen. Wir sollten ih-nen helfen, das wahre Gesicht des Islam freizulegen und entsprechend unsere Rolle und Aufgabe in der Muslimisch-Arabischen Welt zu verstehen, so dass wir einander unterstützen können.

Wir können unsere europäischen christlichen Brüder nicht allein lassen in ihrer Suche, den Islam zu verstehen, über Ost-West-Dialoge und Beziehungen zwischen der Westlichen und der Arabischen und Islamischen Welt des Ostens. Daher müssen wir ihnen, jetzt mehr denn je, die Bedeutung unserer Rolle in dieser Richtung und Suche erklären, ebenso wie wir mit unseren arabischen Brüdern hier sprechen müssen, um ihnen darüber hinaus die Bedeutung unserer Rolle zu zeigen, so dass Muslime verstehen, dass wir eine Rolle zusammen mit ihnen und für sie im Austausch mit der Welt des Westens übernehmen. Das ist die Aufgabe von allen Christen und christlichen Bürgern, doch vor allem eine Pflicht von uns Verantwortlichen der Kirche, die alle die Aufgabe haben, einen sehr lebhaften Sensus für unsere entscheidende Rolle in unseren Ost-West-Beziehungen zu entfalten. Mir wurde dieses während der sechsundzwanzig Jahre meines Dienstes im Heiligen Land eben in Jerusalem sehr bewusst, wo ich Hunderte von Vorträgen und Gespräche führte und an vielen Weltkonferenzen teilnahm und fühlte, wie wichtig unsere Rolle im Verhältnis zur westlichen Welt zu den Themen des Dialogs, des Kriegs, Friedens und der Gerechtigkeit war. Wir müssen uns in unserer arabischen und in der muslimischen Welt den Ost-West-Beziehungen, - vor allem dem Fall Palästina -, stellen, der einen so außerordentlichen Einfluss auf alle anderen Probleme hat.

Muslimisch-christliche Interaktion

Sind die gegenwärtigen arabischen Bedingungen nicht ein dringender, ein unaufhörlicher Ruf, unsere einzigartige Rolle, einen harmonischen Ausgleich zu suchen, in die Tat umzuset-zen? Aktuell wird ein so starker Druck gegen die arabische Welt ausgeübt. Sind sie nicht ein dringender Ruf, die Interaktion, das Zusammenwirken zwischen Muslimen und Christen in unserer Region zu verstärken und unsere Anstrengungen zu verdoppeln für den zukünftigen Fortschritt in der christlich-arabischen Welt sowie im Blick auf unsere gemeinsame Verant-wortung im dritten Jahrtausend?

So wie die Christen in der frühen Periode des Islams eine sehr bedeutende Rolle besonders auf dem Gebiete der Übersetzung des gesamten griechischen Kultur in die arabische Sprache spielten, sollten wir ebenso heute dieselbe zivilisatorische Rolle mit und neben unseren muslimischen Brüdern übernehmen. Meine Hoffnung, mein Gebet und meine Wünsche gehen dahin, dass eine Interaktion, ein kooperativer Austausch zwischen Muslimen und Christen entstehen möge. Was ich als Patriarch tue, ist dasselbe, was meine Brüder Patriarchen und Bischöfe, Mönche und Nonnen in verschiedenen Institutionen übernehmen, denn das Bewahren der christlichen Präsenz in dieser Region ist ein Teil dieser Realität. Doch es ist ebenso wichtig, dass meine muslimischen Brüder und Schwestern mit dieser Rolle, der Bewahrung der christlichen Präsenz in arabischen Ländern übereinstimmen.

Eine Zivilisation der Liebe

Wenn wir den Christen berichten, dass Jesu zu dir sagt: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“  meint er nicht, dass Muslime ermutigt sein sollten, Christen zu schlagen. Vielmehr ist dieses Gebot in der Tat der Gipfel der Liebe und Toleranz, doch auf der anderen Seite verlangt es eine positive Interaktion zwischen allen denen, die seine Wor-te hören, so dass die Gesellschaft sich bekehrt, sich ändert und voranschreitet zu mehr Liebe, zu gegenseitigem Respekt und Gleichheit zwischen Rechten und Pflichten. So ist dieses Gebot ein Ruf an die gesamte Gesellschaft, auf dass eine Zivilisation der Liebe in ihr herrsche. Das meint und verlangt eine Erziehung des tiefen Glaubens in allen Bürgern und Bürgerinnen aller Konfessionen. Ohne diese Erziehung gibt es keine Balance in der Gesellschaft, weder eine religiöse und politische noch eine soziale. Ohne sie müssten wir unglücklicherweise zu unserem bösen Zirkel der Gewalt, der religiösen Verfolgung und Apartheid mit allen ihren Methoden zurückkehren.

Die Zivilisation der Liebe besteht darin, dass ich dich liebe und du mich liebst. Allerdings, wenn jemand eine Bedingung der Form setzt: ‚Ich liebe dich, wenn du mich liebst’, tendierte er dahin, jeden Sinn für eine Beziehungnahme in der Gesellschaft zu verletzen. Doch zu sa-gen: ‚Ich liebe dich ohne Bedingung, geschenkt und frei hoffe ich, dass du mich ebenso be-dingungslos liebst’, dies ist die wahre Spiritualität der Bergpredigt und des Evangeliums. Das ist es, was ich zu Beginn dieses Vortrags meinte, als ich von der neuen Schöpfung sprach, der neuen geistigen Haltung, der neuen Spiritualität. (Das ist nicht das, worüber die Politiker heute unglücklicherweise sprechen, wenn sie das Wort ‚neu’ gebrauchen.) Vielmehr ist es das, was ich mit einer neuen Weltordnung und einem neuen Mittleren Osten meine. Wir ha-ben das wirkliche Modell einer neuen Lebensform, doch wenn der Glaube dieses neue Sys-tem nicht begründet, wird es noch verräterischer, noch ungerechter, noch gewaltsamer, noch despostischer sein und eine noch größere Apartheid heraufbeschwören als alle ande-ren, die wir leidvoll schon kennen. 

Die Aufgabe, die auf unsere Schultern in der arabischen Welt gelegt wurde, liegt darin, die westliche Welt durch eine östliche Zivilisation verändern zu helfen, die eine christlich-muslimische Vereinigung im Glauben beinhaltet.

Schlussfolgerung 

In den Gesprächen über die Kirche und den Islam ist jene Liebe bedeutsam, die unsere Her-zen wirklich vereint und jeden Bruder und jede Schwester zu einem Freund und einer Freun-din machen soll, nahe an unserem Herzen, zu Bürgerinnen und Bürgern, die Gefährten mit uns im Leben sind. Eine Angelegenheit von großer Bedeutung ist, dass die Kirche in der Lage sei, sich für den Dialog mit der muslimischen Welt und dem Islam zu engagieren. Die Kirche und ihre Glieder sind daher aufgefordert, Muslime und den Islam auf der Grundlage ihres eigenen Glaubens zu lieben, nicht auf der Basis von vorübergehenden Gefühlen, so dass wir zusammen, - Muslime und Christen -, in unseren arabischen Ländern gemeinsam die Zivilisa-tion der Liebe bauen mögen.