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Marco Impagliazzo

Historiker, Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio
 biografie

Ich danke allen, die dieses Treffen von Bologna auf vielfältige Weise vorbereitet und im Licht des Geistes von Assisi in der Verquickung von Dialog, Gebet und Freundschaft teilgenommen haben. Bologna und seinem Erzbischof für die herzliche und wahre Gastfreundschaft in diesen Tagen. Wir beenden sie im Bewusstsein, dass wir nicht Gefangene der Angst sind, die viele unserer Mitbürger vor der Zukunft haben, da sie von verschiedenen Konflikten und voller Aggressivität geprägt ist. Das heutige Gebet und das Zusammensein hier bestätigen, dass wir angesichts der Zukunft nicht allein sind und auch nicht allein von hier fortgehen. Die in unserer Zeit so verbreitete Lage der Einsamkeit beinhaltet eine Last von Pessimismus, macht aggressiv und wird zur Angst vor der Begegnung mit dem Anderen. Wir sind nicht allein. Die Religionen sind schon von ihrem Wesen her Gemeinschaften von Männern und Frauen, wie die alte und sehr umstrittene lateinische Etymologie von Religion besagt: verbinden, versammeln, entscheiden. Heute sehen wir, dass diese Religionsgemeinschaften in geschwisterlicher Weise vereint sind, frei von alten Gegensätzen oder neuen Verführungen zum Streit untereinander. Nicht eine gegen die Andere, sondern auf dem Weg der Zukunft: ohne Angst, denn das Zusammensein, die Hinwendung zu Gott, das Gebet öffnen die Herzen für einen Weg des Friedens. In Freundschaft, denn die Freundschaft ist ein Kriterium für das Leben. Die Freundschaft lässt Menschen, Religionen und auch Völker leben.

Tage wie diese in Bologna stärken die Überzeugung, dass der Dialog – auf verschiedene Weise – die tiefe Grundlage vieler religiöser Traditionen ist, sie ist meiner Meinung nach ein wesentliches Element ihrer Identität: während sie aus dem Herzen und Bewusstsein des Gläubigen hervorgeht und darauf ausrichtet, Brücken zum Anderen hin zu bauen. Diese Welt, in der zu viele Brücken eingestürzt oder zerstört worden sind, in der zu wenig für ihren Aufbau investiert wird, muss wieder beim Dialog anfangen. Der Dialog ist der Schlüssel für das Überleben der Erde, denn man glaubt zu sehr, dass der Krieg das saubere chirurgische Mittel ist, um das Böse aus der Welt zu beseitigen. Der Dialog ist das Herz des Friedens. Die Religionen sind aufgerufen, in allen Ländern Netzwerke des Dialogs und der Begegnung zu verbreiten, die die Welt durch das Gebet vor den Versuchungen von Krieg und Bösem bewahren.

In Bologna, dieser Stadt der Kultur und der Gastfreundschaft für viele unterschiedliche Menschen und Studenten, zeigt sich durch den Dialog dieser Tage ein dringendes Bedürfnis, das viele in allen Ländern haben: Es möge eine Bewegung der Herzen, des Denkens, des Willens und der Kultur für den Frieden entstehen und wachsen! Etwas Neues und etwas Altes! Liebe Freunde, dies ist nicht nur ein schöner Augenblick des Friedens unter uns, dies ist eine Friedensbewegung, die wächst und sich in der Welt ausbreitet!

Frieden heißt Zusammenleben, Ablehnung von aggressiver Sprache, Nein sagen zum Krieg. Dieses Bedürfnis nach einer Friedensbewegung kommt aus der Tiefe der Religionen und ist etwas Neues in der Geschichte. Sie ist auch eine Antwort auf die bestehenden Kriege, deren Ende gefordert wird, auf den Schrei vieler Leidender. Ein von den Religionen inspirierte Friedensbewegung entwickelt sich, damit man nicht vor dem Krieg resigniert oder sich an das Leid vieler gewöhnt. Sie ist hartnäckig wie ein unermüdliches Gebet.

Das Bedürfnis nach einer Friedenskultur und nach einem weltweiten Friedensnetzwerk ist nicht ohne Grundlage (die Podien sind dafür ein umfassender Beweis). In den Völkern gibt es, vielleicht nur in der Tiefe, eine Sehnsucht nach Gutem, das teilweise nicht Wege findet, nach außen zu dringen. Mögen die Frauen und Männer der Religionen diejenigen sein, die zeigen, dass es nicht nutzlos ist, anzuklopfen, zu bitten, zu protestieren und zu flehen, denn der Friede ist immer möglich. Die Völker sind nicht hart oder böse, nicht zum Kampf bestimmt, sie müssen in Liebe und mit Vertrauen begleitet werden, indem man Brücken baut. Wir sind zu resigniert, was die guten Energien in den Herzen der Völker betrifft. Man muss sie ans Licht bringen: sie sind da und sind eine tiefe und verborgene Kraft.

Wir haben ein einfaches und grundlegendes Ideal, den Geist von Assisi. Das hat Papst Franziskus gesagt: „Die gemeinsame Leidenschaft leben, damit das friedliche Zusammenleben unter allen Völkern der Erde wachsen kann.“ 

Die Mission der Religionen besteht darin, die Liebe bekannt zu machen, die Licht und Leben ausstrahlt, die den Wunsch nach Frieden, Gastfreundschaft und Gutem erneuert. Wir sind keine Pessimisten. Es gibt menschliche und spirituelle Energien für eine bessere Welt, um den Krieg zu überwinden, um eine geschwisterlichere Welt zu schaffen, um die Freundschaft zu stärken. Daran erinnern die Religionen eine vergessliche und erschrockene Menschheit. Mit allen Männern und Frauen guten Willens bezeugen sie, dass der Friede immer möglich ist. Das ist eine feste Überzeugung und eine große Hoffnung, mit der auch die finsteren und kriegerischen Horizonte betrachtet werden müssen. Der Friede ist immer möglich. Man muss ihn ohne Angst suchen. Und Gott überlässt die Welt nicht dem Bösen und der Gewaltlogik, sondern kommt unserem Gebet zu Hilfe und vervielfältigt unsere Friedensbemühungen. 

Wir bauen Jahr für Jahr eine weitreichende Friedensbewegung auf. Heute verpflichten wir uns, neue Brücken des Friedens zu bauen. Der Vater eines unserer Gäste hier in Bologna, Martin Luther King, sagte richtigerweise vor 50 Jahren: "I have a dream. Ich habe einen Traum." Heute sagen wir 50 Jahre später auf diesem wunderschönen Platz: Wir haben einen Traum! Ja, wir haben einen Traum. Bauen wir gemeinsam Brücken des Friedens, denn wir sind ein Volk von Träumern!