Herr Präsident Mattarella,
Monsieur le Président Macron,
Eminenzen, Exzellenzen, meine Damen und Herren, liebe Freunde,
mit großer Freude heiße ich Sie alle zur Eröffnung des interreligiösen Friedenstreffens im Geiste von Assisi herzlich willkommen. Seit nunmehr 36 Jahren gibt es Treffen, Freundschaften und Gebete für den Frieden. Die Eröffnung des heutigen Nachmittags hat einen feierlichen Charakter, da neben den Vertretern der großen Weltreligionen und Persönlichkeiten der Kultur und der Zivilgesellschaft aus der ganzen Welt auch zwei Präsidenten von höchstem politischen und moralischen Rang anwesend sind, die uns mit ihrer Anwesenheit beehren.
Das Treffen in diesem Jahr 2022 hat eine ganz besondere Bedeutung, wenn wir Europa und den globalen Horizont betrachten. Auf dem europäischen Kontinent, der seit fast 80 Jahren das "Nie wieder Krieg" lebt, hat sich die Wunde des fehlenden Dialogs und der universalen Geschwisterlichkeit durch Krieg unter Brudervölkern in der Ukraine aufgetan, aber auch andere Gewalt und Konflikte bestehen fort, wie in Syrien, am Horn von Afrika und im Norden Mosambiks. Die Dramatik der Welt spiegelt sich in dem etwas provokanten Titel dieses Treffens wider: der Schrei nach Frieden. Ein Schrei, weil wir uns die Sehnsucht und das Seufzen nach Frieden zu eigen machen wollen, die in so vielen Männern, Frauen und Kindern auf der ganzen Welt vorhanden sind, aber oft unterdrückt oder wenig gehört werden. Dieses Publikum mit so hochrangigen Protagonisten will der Sehnsucht nach Frieden, die heute - oft gegen alle Hoffnung - in so vielen Menschen lebt, eine maßgebliche Stimme geben. Machen wir uns also den Ruf nach Frieden zu eigen.
Es ist aber auch ein Schrei nach Frieden in dem Sinn, dass er die Dringlichkeit und die Notwendigkeit zum Ausdruck bringt, diesem Wunsch und dieser Möglichkeit lauter und mit mehr Überzeugung Gehör zu verschaffen. Frieden ist in der Tat kein "schwaches" Konzept, das von naiven Weltverbesserern erdacht und angestrebt wird: Frieden ist die einzige Möglichkeit, das Überleben des Planeten und der Völker zu sichern. Ein Schrei nach Frieden also, aber gleichzeitig auch ein Schrei nach Frieden, der darum bittet, als einziger menschlicher, spiritueller und auch vernünftiger und rationaler Ausweg für eine Welt zu sein, die in gewalttätigen und egoistischen Logiken gefangen ist, weil sie von kurzsichtigen Gedanken angeleitet wird.